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Ich bin, wie ich bin und das ist auch gut so!

24.11.2008CE

Wenn man durch die Freie Waldorfschule in Mülheim an der Ruhr läuft, dann kann man mehr als eine Ahnung davon kriegen, welchen Stellenwert die Ästhetik im Gesamtkonzept hat. Der Anblick hebt die Stimmung, man fühlt sich willkommen und geschätzt.

Irgendwie gleich und doch ganz anders ergeht es einem beim Durchblättern von Modezeitschriften, beim Fernsehen oder beim Shoppen. Auch hier geht es um Ästhetik, doch haben deren Erschaffer ganz andere Dinge im Sinn als ein warmes Gefühl der Wertschätzung zu hinterlassen.

Um mit den Mädchen des 9. Jahrgangs der Freien Waldorfschule die Hintergründe von Schönheitsidealen zu besprechen, ihnen Methoden an die Hand zu geben, damit umzugehen, und um ihren Selbstwert ordentlich zu pushen trafen sich am vergangenen Montag Anneke Ratering und Alexandra Borlik von der ginko-Stiftung für Prävention mit den Schüler/innen.

 

Zum Kennenlernen waren die Mädchen aufgefordert, zu verschiedenen Aussagen Stellung zu nehmen. Mit einem Schritt in die Raummitte outete man sich z.B. als Liebhaberin des Tankstellengeruchs, als Mit-Kuscheltier-Einschlaferin, Meer-den-Bergen-Vorzieherin oder auch als aus-Langeweile-Essende. Womit das Thema des Tages klar wäre: Gründe fürs Essen und Nichtessen.

 

Schnell hatten die Mädchen noch ganz andere Gründe gesammelt und in positive, negative oder neutrale sortiert. Bei der Suche nach Alternativen für z.B. Frust- oder Gewohnheitsessen zeigten die Mädchen ihre Kreativität und entwickelten verschiedene Strategien zur Befriedigung von Bedürfnissen die manchmal hinter dem Essen stehen, wie Trost zu bekommen und das es auch mal gut sein kann Langeweile auszuhalten.

 

Nach dieser Sitz- und Redeintensiven Übung konnten die Mädchen ihre Beweglichkeit, Beobachtungsgabe und ihr Einfühlungsvermögen unter Beweis stellen. Sie liefen durch den Raum als Ballerinas, Cowboys und Betrunkene. Ob stolze Mütter oder Gefängnisinsassen beim Rundgang, jede der Rollen war mit Gefühlen, Stimmungen und einem bestimmten Auftreten verknüpft.

 

Welche Gefühle verschiedene Frauenbilder bei Mädchen auslösen war Grundlage der Gesprächsrunde, die darauf folgte. Bilder von den verschiedensten Frauentypen wurden ausgelegt und ausgewählt, jedes Mädchen hatte die Möglichkeit, darunter die Frau zu finden, die sie am meisten anspricht.

 

Schnell war geklärt, was genau gefiel, was als schön und sympathisch empfunden wurde. Ganz klar konnten einige Mädchen auch sagen, warum sie sich für keines der Bilder entschieden haben, warum keine der angebotenen Frauenbilder als Identifikationsfigur dienen sollte.

 

Den Mädchen gefiel zum größten Teil die Natürlichkeit der abgebildeten Frauen. Leider ist es aber so, dass von Natürlichkeit nach stundenlangem Sitzen in der Maske, perfekter Ausleuchtung und wochenlanger Bildbearbeitung eigentlich gar nichts mehr übrig ist. Wenn man das nicht berücksichtigt, vergleicht man sich schnell mit Kunstprodukten, gegen die man nur verlieren kann (und soll).

 

Fakt ist, dass nach 30minütiger Lektüre von Frauenzeitschriften (aus denen diese Bilder stammten) das Selbstwertgefühl bei 80% der Frauen sinkt. Wahrscheinlich ist, dass gleichzeitig die Bereitschaft steigt, sich durch den Kauf verschiedenster Mittel das Selbstwertgefühl zurückzuholen. Dass dieser Teil der Rechnung nie aufgeht, wurde den Mädchen ebenso erklärt, wie die Strategien und Ziele, die dahinter stecken.

 

Zum Abschluss gab es Geschenke: jedes Mädchen machte sich selbst und einer Klassenkameradin ein Kompliment. So gingen die 25 Schülerinnen gestärkt und wohlgemut in die große Pause - wo sie sich hoffentlich ihre Schulbrote schmecken ließen.

 

Übrig bleibt zu sagen: Wenn man bei dem Vergleich „Model in den Medien vs. Ich" verliert, sollte man sich auf die eigenen Stärken besinnen und sich fragen, ob das wichtigste an der besten Freundin ihre dellenfreien Oberschenkel sind.

Autorin: A.Borlik (Praktikantin)


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